Von Triacastela nach Calvor (490 m)

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Von Triacastela nach Calvor (490 m)
Calvor, Spain

Calvor, Spain


Normalerweise ist spätestens um 6.00 Uhr morgens die Nacht vorbei. Ein Wecker ist völliger Unsinn. Heute, wo wir in Samos eines der ältesten Klöster der westlichen Welt besichtigen wollen, ist es dermaßen ruhig in der wunderschönen, atmosphärischen, kleinen, privaten Herberge, dass fast alle über eine Stunde länger schlafen. Wir demnach auch. Ab 10 Uhr beginnen die Führungen im Kloster und wir haben noch nicht gefrühstückt.
Wir machen uns fertig und gehen ein paar Schritte weiter zur nächsten Bar. Wir frühstücken aber trotzdem in aller Ruhe und machen uns auf den Weg, der zunächst ein Stück an einer wenig befahrenen Landstraße entlang geht. Wir hoffen, dass es irgendwie trotzdem noch reicht.
Ab Triastela verzweigt sich der Weg wieder und führt nach ca. 21 km in Sarria wieder zusammen.
Ein Weg ist etwas kürzer und ländlicher, dafür gibt es kein schönes Kloster. Auf dem Weg zum Kloster ist mir gerade danach, eine ganz liebe Mail von Timo zu beanworten, der gerade in Kambodscha ist. Gestern war nicht der Tag dafür, aber heute. Ich war beim Laufen und schreiben der Email schön in Trance geraten. Ich will die Mail noch abschicken aber es geht nicht. Kein Netz. Komischerweise gab es das bisher noch nie.

Im nächsten Bauerndorf geht es steil bergab, wir sind gerade tief in unsere Gedanken versunken, als plötzlich ein Schrei von hinten kommt. Wir hechten zur Seite und eine Horde ungehobelter Radpilger walzt uns fast über den Haufen.
Das ist auf der ganzen Strecke bis jetzt noch nie passiert. Im Gegenteil, die Radpilger sind sehr rücksichtsvoll und grüßen mit ‘Buen camino’ im Vorbeifahren. Um die Leute nicht zu erschrecken ist es besser, die Fahrradklingel einzusetzen, weil lautes Schreien auch andere Ursachen haben kann.
Kurze Zeit später, mitten im Dorf, zankt sich lautstark ein Bauernpaar. Sie schreien einander an. Man kann es auf einer Strecke von ca. 200 Metern hören. Geschirr geht aber nicht zu Bruch. Heute ist der Tag des Schreiens 🙂

Mein Schnürsenkel geht auf. Ich halte kurz an, um den Schuh zu binden. Ich trotte die ganze Zeit hinter Sabine her und mache während des Gehens ein paar Notizen.
Kurz nach Ortsausgang verzweigt sich der Weg: Gelber Pfeil auf Schild nach links. Später ist nur noch die Markierung für eine Albergue zu sehen. Ich drehe wieder um, gehe ein paar hundert Meter zurück bis zum Abzweig und siehe da, es gibt noch einen gelben Pfeil an der Steinmauer, der nach rechts zeigt (Foto). Sabine ist jetzt bestimmt über alle Berge.

Ein finsterer Wegabschnitt folgt. Auf der linken Seite knorrige Bäume, auf der rechten Seite grasbewachsene Hügel. (Foto) Gänsehaut durchzieht meinen ganzen Körper. Wenige Schritte später ein Krampf am rechten Fuß. Der Ringfußzeh schmerzt und beisst. Das Schaudern am Rücken wird schlimmer. Wieder wenige Schritte weiter: Eine sich widersprechende Wegweisung (Foto). Der gelbe Pfeil, und das schräge Kreuz. Das Kreuz bedeutet, dass man dort nicht hin soll. Das nächste Kuhdorf kommt und Krampf und Gänsehaut sind plötzlich weg. 10 Sekunden später sieht mich Sabine und ruft: ‘Reneeeeeé …. hieeer!!’ läuft aber weiter. Ich hole sie nach 15 Minuten ein. Unglaublich, Sabine ahnte schon, dass ich genau an der besagten Abzweigung falsch laufen würde. Im gleichen Moment ist wieder Netz da und die Mail an Timo geht raus.

Alles ist wieder gut.

Ist es DAS, was einem auf dem Camino passieren kann? Sind das nur merkwürdige Zufälle?

Nochmal ein kurzer Anstieg, dann noch 500 Meter bis Samos. Wir kommen zu der Stelle, wo man unten im Tal das riesige Kloster liegen sieht (Foto). Ein Padre in einer Kutte macht die Klosterführung in spanischer Sprache und wir bestaunen die alten Gemäuer von innen. Dieter ist auch da. Wir versuchen, aus den für uns verständlichen Wortfetzen das Gesagte zusammen zu reimen.

Am Ende lassen wir uns noch einen Stempel von Padre Augustin in unsere Pilgerpässe geben. Er ist sehr pilgerfreundlich und interessiert sich für die Menschen. Eine wundervolle Begegnung, die mit einem Foto abgeschlossen wird. Er möchte das Foto gerne haben und wir schreiben seine Adresse auf.

Es ist Zeit für eine ausgiebiege Rast, die wir in einer Bar in der Nähe des Klosters machen. Meine Klamotten sind klitschnass verschwitzt und werden derweil in der Sonne getrocknet.

Dieter erzählt uns, dass auch Rita und Wolfgang hier abgestiegen sind. Wir sind noch am Überlegen, ob wir in Samos bleiben. Es ist aber erst 13 Uhr und wir sind noch fit.

Wir entschließen uns für’s Weiterlaufen. Es nieselt ein paar Minuten, aber es lohnt kaum, den Regenschirm herauszuholen.
Zuerst führt der Weg eine Weile an der Straße entlang, bevor wir wieder vor die Alternative gestellt werden: Kurz und Straße oder länger, dafür schöner und über die Berge.

Wir entscheiden uns für die landschaftlich schönere und längere Route Richtung Norden. Der Camino verläuft jetzt immer hügelig auf und ab. Die Sonne ist auch wieder da.

Wir brauchen nochmal 2,5 h bis Colvor. Unterwegs machen wir nochmal Rast und ziehen die Schuhe aus, damit die Füsse sich erholen und trocknen können.

In Colvor überlegen wir uns nochmal, ob wir bleiben oder weitergehen.

Dieter meinte, dass es kurz nach Colvor eine relativ neue Albergue gäbe, wusste es aber nicht mehr genau. Wir entscheiden uns dann doch für’s Weitergehen.
Und tatsächlich, wie eine kleine Oase liegt sie vor uns. Eine private Albergue, welche eher noblen Ferienhäusern gleicht. Mit großem Garten, Klavier, luxoriösem Aufenthaltsraum etc. (Foto). Radpilger sind hier übrigens auch willkommen. Es ist schon 17.00 Uhr, wir haben aber wenig Hoffnung noch einen freien Platz zu bekommen. Zu unserer Überraschung sind jedoch noch Mehrbettzimmer UND Doppelzimmer frei. Die Mehrbettzimmer sind schon voll, aber nachdem wir die Doppelzimmer sehen, wollen wir dort nicht mehr raus. Mal ein Zimmer mit eigener Dusche und ohne gelbe Ohrstöpsel schlafen. Ein Traum!

Um 19 Uhr bekommen wir ein gemeinsames vegetarisches Pilgermenü serviert. Als Vorspeise gibt es einen vorzüglichen Gemüse-Linseneintopf, als Hauptgericht Tortilla mit einem gemischten Salat und als Nachspeise galicischen Kuchen und verschiedenes Obst. Dazu Wasser und vino tinto (Rotwein).

Am Tisch neben uns sitzt eine gesprächige nette Pilgerin aus Ulm namens Annette, die mit Ihrem Vater (68 Jahre) unterwegs ist. Der Vater ist ihr allerdings zwei Tage voraus und wartet in Portomarin auf sie, um mit ihr die letzten 100 km nach Santiago de Compostela zu laufen.

Müde und satt beenden wir den Tag mit einem (hoffentlich) erholsamen Schlaf.

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