Auf dem Camino del Norte: Müde Beine, gute Laune und ein lügender Wanderführer
Der Camino del Norte überrascht uns heute mal wieder auf ganzer Linie. Schon beim Aufwachen merke ich: Die 26 Kilometer von gestern sitzen tief in den Knochen. Und das, obwohl wir gestern Abend noch so großspurig nach dem Frühstücksplan gefragt haben. Ob es wohl um 7 Uhr Frühstück gibt? Denkste! Erst um 8 Uhr geht’s los – und der Wecker um 7:30 Uhr? Der ist heute unser größter Feind.
Als wir endlich um 8:10 Uhr am Frühstückstisch sitzen, schaut uns der Hotelier schon mit einem freundlichen Grinsen an. Er serviert uns mit Hingabe Toastadas mit Olivenöl und Tomaten, dazu einen Kaffee, der tote Pilger wieder zum Leben erweckt. Und siehe da: Die Schmerzen des Vortags verabschieden sich – Schicht für Schicht.
Der Kaffee heilt alles – fast
Das Frühstück wirkt Wunder. Schritt für Schritt kehren Lebensfreude, Energie und Wanderlust zurück. Diese wundersame Heilung folgt einem klaren Vier-Stufen-Plan:
- Wanderstiefel aus, rein in die Dusche.
- Ein reichhaltiges Abendessen.
- Tiefschlaf im Doppelpack.
- Ein kräftiger Kaffee mit besagten Toastadas.
Und plötzlich fühlt sich der Camino del Norte gar nicht mehr so schlimm an. Wir starten auf einer langen Promenade direkt am Meer entlang. Die Sonne lacht, der Rucksack drückt noch nicht, und die Menschen? Sagen alle freundlich Buenos Días, Hola oder Buen Camino. Und zwar jeder. Immer. Ohne Ausnahme.
Sabine, das Duracell-Häschen des Camino del Norte
Während ich ein Foto mache, ist Sabine schon wieder 200 Meter voraus. Ihr eiserner Wille ist legendär. Wenn sie erst einmal losmarschiert, braucht man entweder ein Fahrrad – oder viel Geduld – um sie wieder einzuholen. Ein kurzer Fotostopp meinerseits bedeutet: Ich sehe sie erst in der nächsten Ortschaft wieder.
Und da wären wir auch schon beim Thema: Der Rother Wanderführer! Der behauptet mal wieder, die heutige Etappe sei ein Spaziergang. In Wahrheit verbirgt sich hinter dem kleinen Zacken im Höhenprofil ein fieser, schweißtreibender Anstieg nach Ebéu. Ich schwöre, der Wanderführer hat was gegen uns.
Überraschungen am Wegesrand – und warum Hügel lügen
Gerade als wir wieder auf Meeresniveau zurückkehren, begegnen wir einer bekannten Gruppe: unsere französischen Weggefährten! Doch heute sind sie nur noch zu dritt unterwegs. Einer fehlt – wegen einer Mittelohrentzündung. Auch das ist Camino del Norte – mal himmelhoch jauchzend, mal pausierend mit Ohrenproblemen.
Wenig später verstehen wir auch, warum der Wanderführer uns in die Irre führt. Der Weg wurde umgelegt. Statt der angekündigten „flachen Etappe“ erwartet uns ein ständiges Auf und Ab entlang der Küste. Es ist wunderschön – aber eben auch anstrengend.
Als wir die französische Gruppe zum dritten Mal überholen, rufe ich: „Bis zur nächsten Bar!“ – Doch die Antwort ist niederschmetternd: „Hier gibt’s keine Bar!“ Keine zehn Schritte später taucht eine Bar auf wie aus dem Nichts. Klassischer Camino-Moment.
Alte Freunde, neue Geschichten und ein Hauch von Holland
In der Bar setzen wir uns schließlich alle an einen Tisch. Wir plaudern über vergangene Caminos, geplante Radreisen und alte Träume. Die Franzosen planen eine Tour durch Holland und zeigen echtes Interesse an unserem Reiseblog. Networking auf Pilger-Art! Der Camino del Norte verbindet Menschen – und manchmal auch Länder.
Heute ist wieder eine gute Gelegenheit, um Luftikus zu fliegen zu lassen, denn die Landschaften, die sich jetzt zeigen, sind wieder phänomenal.
Kurz vor unserem Etappenziel in Colunga dann der nächste magische Moment: Wir treffen die Australier wieder! Die, die wir vor über einer Woche das letzte Mal gesehen haben. Und der Zufall will es – wir schlafen heute im selben Hotel. Genau wie damals in Bilbao.
Der Camino del Norte – ein Weg voller Wiedersehen
Das ist es, was den Camino del Norte so besonders macht. Man trifft sich. Immer wieder. Ob gewollt oder zufällig – der Weg führt uns zusammen. Und wenn man bedenkt, dass man heute Morgen nicht mal ansatzweise motiviert war, auch nur einen Meter zu laufen, sind 20 Kilometer später alle Zweifel verflogen.
Ja, wir sind müde. Ja, wir sind glücklich. Und ja – wir machen morgen weiter.
Falls euch unsere Geschichten langsam auf die Nerven gehen: Schreibt’s in die Kommentare! Oder kommt einfach selbst auf den Camino del Norte. Dann wisst ihr, warum wir nicht aufhören können, zu erzählen.










































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