Wenn der Camino del Norte plötzlich Reis serviert
Der Camino del Norte überrascht uns immer wieder – und manchmal sogar kulinarisch! Sabine redet gestern Abend ununterbrochen von Reis. Sie hat richtig Lust darauf. Aber mal ehrlich: Auf dieser ganzen langen Wanderung gab es bisher nie Reis. Nicht ein einziges Körnchen. Und was passiert? Genau an diesem Abend servieren sie uns Paella – also Reis mit Meeresfrüchten! Wenn das mal kein Camino-Magie ist.


Zum Nachtisch kommt dann auch noch ein echter galizischer Klassiker auf den Tisch: Flan. Sieht aus wie fester Vanillepudding mit einer glänzenden Karamellhaube und schmeckt einfach fantastisch. Wir hoffen heimlich, dass dieses Dessert jetzt öfter auf dem Speiseplan steht. Der Camino del Norte meint es heute echt gut mit uns.
Aufstehen wie Murmeltiere – Motivation, wo bist du?
Um 7:45 Uhr klingelt der Wecker. Und was machen wir? Natürlich: ignorieren. 10 Minuten später wieder. Und dann noch mal. Kurz nach acht raffen wir uns aber tatsächlich auf. Noch halb im Traumzustand kriechen wir aus den Federn – eher widerwillig. Die Motivation? Fehlanzeige. Wir fragen uns, ob die 700 Kilometer, die schon in den Beinen stecken, nicht langsam ihren Tribut fordern.
Da es Frühstück erst um 9:00 Uhr gibt, haben wir gestern vorsorglich ein belegtes Brot mit Käse geordert. Clever? Auf jeden Fall. Ohne Kaffee sind wir aber kaum ansprechbar. Trotzdem geht’s los – erstmal 1,5 Kilometer an der Straße entlang, dann fünf Kilometer bergauf, und kaum hat man das geschafft, folgt direkt der nächste Anstieg. Wer hat eigentlich diese Route geplant? Der Camino del Norte hat offenbar eine ganz eigene Vorstellung von Morgenroutine.
Kaffee-Entzug, Höhenmeter und der Gedanke ans Aufgeben
Die heutige Etappe ist zäh. Richtig zäh. Nichts läuft rund. Sabine murmelt irgendwann sogar, ob wir nicht abbrechen sollen. Sekunden der Schockstarre – bis sie lachend meint, das sei nur ein Scherz. Ein sehr schlechter, aber immerhin ein Scherz. Bis Kilometer 15 sind wir beide völlig durch. Da hilft nur eins: Kaffee.
Und dann – wie aus dem Nichts – taucht eine Bar auf. Halleluja! Wir stürmen rein wie zwei Verdurstende in der Wüste und gönnen uns endlich den lang ersehnten Kaffee. Genau in dem Moment läuft plötzlich ein Pilger zielstrebig auf uns zu, streckt die Hand aus und sagt: „Hallo Sabine, hallo René!“ Wir sind völlig perplex – wir kennen den Mann doch gar nicht!
Prominenz auf dem Camino del Norte
Wie sich herausstellt, heißt der nette Mensch Ralph aus Zwickau. Er folgt uns auf Komoot, liest unsere Berichte – und ist uns laut eigener Aussage seit Bilbao auf den Fersen. Heute hat er’s endlich geschafft, uns einzuholen. Wir staunen nicht schlecht, dass uns jemand auf dem Camino del Norte erkennt – und unsere Geschichten tatsächlich liest!

An unseren Tisch gesellt sich auch noch Mike aus Texas. 80 Jahre jung, fast blind – und dennoch läuft er den Camino. Ganz allein! Aufgrund seiner fehlenden Spanischkenntnisse und seiner Sehbehinderung kann er keine Unterkünfte buchen und verläuft sich auch manchmal, weil er die Pfeile nicht sieht. Und trotzdem macht er weiter. Wir sind tief beeindruckt. Was für eine Inspiration!

Camino-Kaffee-Wunder und ein unerwartet beschwingtes Finale
Nach dem Kaffee ist alles anders. Die Beine werden leichter, die Laune besser, und wir spazieren mit Ralph noch die letzten fünf Kilometer bis zum nächsten Ort. Dort trennen sich unsere Wege – wir gehen zur vorgebuchten Albergue, er zieht noch ein Stück weiter.
Mike verabschiedet sich ebenfalls und macht sich auf seine ganz eigene Weise auf den Weg. Allein. Ohne zu wissen, wo er schläft. Der Mann ist eine lebende Legende.
Und wir? Wir ziehen beschwingt in unsere Unterkunft ein. Überraschung: ein richtig gemütliches Zweibettzimmer – das gibt’s auf dem Camino del Norte auch nicht jeden Tag. Netter Empfang, liebevoll eingerichtet. Heute Abend gibt’s ein gemeinsames Pilgermenü für 15 Euro, Frühstück morgen für drei Euro. Klingt gut? Finden wir auch!
Erkenntnis des Tages
Der Camino del Norte hat heute wieder einmal gezeigt, was ihn so besonders macht: Überraschungen, Begegnungen, Höhen, Tiefen – und ganz viel Menschlichkeit. Plus: Paella!
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