Die Unterkunft im B&B gefällt uns sehr gut. Der Vater hat mit seinem Sohn das Haus in eigenhändiger Fleißarbeit grundsaniert und sehr geschmackvoll gestaltet. Im Flur hängen Bildcollagen der Arbeitseinsätze an der Wand. Das Zimmer ist mit einem Doppelstockbett ausgestattet, welches man mit Hilfe eines Knopfes motorisch absenken kann. Auf diese Weise könnte man 4 Personen im Zimmer unterbringen. Daneben steht noch ein großer Hocker, den man zum Beistellbett ausfalten könnte. Also max. 5 Personen.
Im B&B ist Selbstbedienung. Der Kühlschrank ist voll. Eine Secco-Kaffemaschine, 2 verschieden Kuchensorten und frische Brötchen stehen morgens auf dem Tisch.
Als wir auf die Räder steigen ist es schon recht heiß. Noch kurz besichtigen wir die Altstadt von Rovereto per bicicletta und abwärts geht´s an die Etsch.
Ab der ersten Minute füllen wir unsere Wasserflaschen an jedem Brunnen, der uns begegnet. Später halten wir auch den Kopf zur Abkühlung darunter. Es ist sehr heiß. Und was auf dem Bikeline-Buch wie eben oder sogar abschüssig aussieht, entpuppt sich später zu einer Fahrt mit 652 Hm auf der 82 km langen Strecke. Es kommt also ganz schön was zusammen auf der „ebenen Strecke“. Bei der Hitze ist das kräftezehrend. Aber besser sehr heiß als Regen, Hagel, Blitz & Donner.
Der Radweg geht hauptsächlich entlang der Etsch, führt aber auch durch viele Weinberge. Dort gibt es die meisten Hügel. Dann geht´s nochmal einen 10%igen und 125 Hm hohen „Berg“ hinauf. Zwischendurch geht es immer wieder bergab, bevor es wieder nach oben geht. Aber lohnend ist die Auffahrt allemal, denn hier wird man mit tollen Ausblicken belohnt.
Hinab geht es anschließend auch mit konstant 10% Gefälle, bis wir an einen Kanal kommen, der später wieder der Etsch zufließt. Scheinbar wird der Kanal zur Energiegewinnung von der Etsch abgezweigt. Ab jetzt ist der Kanal unser ständiger Begleiter. Mit sehr leichtem Gefälle geht es hinab nach Bussollengo, wo wir eine ausgedehnte Kaffeepause machen. Die letzten 6-7 km führen dann durch das Stadtgebiet Verona´s bis wir die Altstadt erreichen.
Es ist ein schönes Gefühl, in dieser historischen Stadt anzukommen. Sehr lebendig ist es hier, überall Menschen und auch Touristen. Nach diesem Radltag sind wir aber beide ziemlich platt. Die Zimmersuche gestaltet sich zudem als sehr schwierig, Wir klingeln an einigen B&Bs, aber entweder sind sie belegt oder macht niemand auf. Ziemlich enttäuscht bleiben wir irgendwo sitzen. Hotels in der Stadt verlangen laut Booking.com utopische Preise >300-500 €. Aber wir haben uns in den Kopf gesetzt, hier in der Altstadt etwas zu finden.
Der B&B Vermieter, der uns vor 15 Minuten abweisen musste, kommt wieder an uns vorbei und fragt uns, ob wir immer noch nichts gefunden haben. Wir verneinen. Er nimmt das Handy in die Hand, winkt mit einer Geste nach unten: „Wir sollen kurz warten“. Alsbald kommt ein anderer Herr aus einem Restaurant gegenüber, schließt seinen Laden ab und kommt in unsere Richtung. Er wiederum nimmt auch sein Handy in die Hand und ruft jemanden an. Seine Gesichtszüge zeigen uns, dass er etwas für uns gefunden hat. Wir laufen mit dem Kneipenbesitzer ein paar Gassen weiter und warten vor einem Geschäft. Eine dritte Person kommt aus dem Geschäft. Es ist unser B&B Vermieter. Als wir das Zimmer betreten, trauen wir unseren Augen nicht: Besonders der Blick aus unserem Fenster lässt uns den Atem stocken. Wir haben zwei Balkone mit direktem Blick auf die berühmte Piazza delle Erbe. Das B&B Zimmer Vittorio ist eigentlich mehr eine große klimatisierte Ferienwohnung im zweiten Stock. Der Raum mitten in der Altstadt besitzt freigelegte original Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert.
Es ist zwar schon 19.oo Uhr aber immer noch sehr heiß draußen. Eine gute Gelegenheit, die komplette Wäsche zu waschen, denn sie wird bei der Hitze noch trocknen. Wir machen uns frisch und das erste Drittel Leben strömt wieder in unsere Körper. Nach dem guten Essen im Restaurant unseres Tipp-Gebers kommt das zweite Drittel Lebensenergie zurück.
Wir schlendern noch durch die Gassen und setzen uns am Amphitheater auf eine Bank. Plötzlich setzt laute synthetische Musik ein. Ich sage zu Sabine: “ Das ist doch Kraftwerk, oder?“. „Nein, das ist bestimmt nur gecovered!“, antwortet sie. 4-5 Lieder später bin ich mir relativ sicher, dass es das Original ist und zeitgleich sieht Sabine auch das Kraftwerk-Plakat im Eingangsbereich hängen. ES IST KRAFTWERK! So lassen wir den Abend bei guter Musik in der lauen Sommernacht zu Ende gehen und sind relativ sicher, dass morgen das letzte Drittel Lebensenergie zurückkommen wird.
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Reisedaten: 82,11 km | Gesamtanstieg 652 Meter | Gesamtabstieg 787 Meter
Hier der Link zum aufgezeichneten GPS-Track.
Alle Fotos zu dieser Etappe:
2 Antworten
Suuuper, Wunderschöne Fotos.
Wat een mooie stad is Verona, daar waren we dus nog niet, fantastische fotos René en mooi weer. Wat will je nog Meer, komen jullie ook terug fietsen??